Nach 30 Jahren explodiert ein Vulkan. Ein launischer Rückblick auf 2023 und was davor geschah
Dreißig Jahre ist es her, dass sich ein kleines Team der Uni Saarbrücken auf den Weg nach Amsterdam machte zur damals schon vierten ICAIL Tagung über „Artificial Intelligence and Law“ (http://2be.legal/2023/2449). Die Erinnerung hieran ist leider verblasst. Wir liefen auch nur im Vorprogramm und fehlen in den Proceedings. Insgesamt war 1993 ein sehr ereignisreiches Jahr etwa mit einem denkwürdigen EDV-Gerichtstag. Es erreichte seinen Höhepunkt für mich persönlich mit meinem Antritt bei C.H.Beck in München, den ich nach knapp zehn ausgesprochen produktiven Jahren wieder verließ.
Nach vielen kleinen und kleinsten Beben explodierte dieses Jahr, 30 Jahre später, der Ki-Vulkan in einer selbst für Seismologie/KI-Experten ungeahnten Heftigkeit. In meiner LinkedIn-Blase, gab es 2023 – gefühlt – kaum ein anderes Thema als künstliche Intelligenz – KI und Recht (AI and Law) genauer gesagt.
LinkedIn
Mit einem von Anfang an kritischen Blick bin ich in sozialen Medien auf den KI-Zug (wieder) aufgesprungen. Es war auch ein Experiment, wie man mit regelmäßigen Statements zu einem akuten Thema seine Reichweite vergrößern kann. Es geht! Für meine Betrachtung des Themas ChatGPT aus der Laiensphäre habe ich nicht nur Lob geerntet. Aber gerade die teils heftige Kritik (Ich hätte von der Technik keine Ahnung… Wenn das erst einmal richtig trainiert ist…) war es, die mich bis heute an dem Umgang mit dem Thema zweifeln lässt. Man hätte das System m.E. nie auf eine unvorbereitete und unkontrollierte Nutzerschaft loslassen dürfen. Nun ist die Kiste der Pandora geöffnet.
Im Wesentlichen auf zwei Wegen erfolgte meine Annäherung an generative KI: Das eine war ein launisches A6 Heft, was ich mit Herzblut gestaltet und immerhin in drei Auflagen herausgebracht habe. Es enthält Texte aller Art, vollständig generiert von ChatGPt, zu einem fiktiven Medikament „Emozipnal“. Diejenigen, die es gelesen haben, fanden es doch zumindest amüsant – selbst die Presse. Viele waren auch beunruhigt. Ziel erreicht.
Ein anderer Weg war der Versuch, einen inhaltlich banalen aber rechtlich eben doch etwas fordernden Fall mit ChatGPT zu lösen. Es ging um die Frage, ob Minderjährige die berühmten 60,-€ bezahlen müssen, wenn sie in Öffis ohne Fahrkarte unterwegs waren. Die Frage scheidet sogar die juristischen Geister. Manchmal bringt sie erstaunliche Wissenslücken selbst bei den Profis zutage. Aber die KI als Repräsentantin des durchschnittlichen Web-Wissens ist tatsächlich mit dem Thema bis heute hoffnungslos überfordert. Mal sehen, wie es damit weiter geht.
Am Ende des Jahres hat die KI schon so etwas wie Normalität erreicht. In die Standardprogramme ist sich integriert, die Schulen lernen damit umzugehen, erwachsene Menschen unterhalten sich über und mit KI und selbst Journalist:innen lassen sich ihre Beiträge vorformulieren. „Wortwandler“ heißt die Anwendung bei unserer Lokalzeitung. Die Politik gelobt eine bessere Förderung der „neuen“ Technik und die Entwickler schreiben schon deshalb auf alles irgendwie auch KI drauf, egal ob sie drin ist oder eben nicht.
facebook
In meiner anderen Blase übrigens, der Facebook-Blase, gab es zwar auch KI, aber irgendwie war es kein Thema. Da ging es um Themen, die aktuell nicht ganz so getypt werden: Demokratie, Menschenrechte, Umwelt und Natur.
War sonst noch was in diesem Jahr?
Der Verlag R&W hat einen Onlinekommentar an den Markt gebracht. Und ich durfte dabei helfen. Das war ein schönes Projekt. Und dann war da ein hervorragender #EDV-GT , dessen Vorstand ich die Ehre habe, nunmehr anzugehören. Und ich habe endlich wieder mal unterrichtet: An den Universitäten in Mainz und Bielefeld – ja das gibt es wirklich. Und natürlich durfte auch da KI nicht fehlen.
Und dann gab es den einen oder anderen Kommentar zu den öffentlichkeitswirksamen, aber eben ansonsten unwirksamen und fragwürdigen Maßnahmen des BMJV etwa in Sachen Klimakleben. Symbolpolitik gegen Populismus ist wirklich etwas, was die Welt nicht braucht…