Wissen Sie, was Typcasting ist? ChatGPT sagt mir, das sei eine Programmiertechnik für die Umwandlung von Datentypen. Wieder etwas dazugelernt.
„Ich meine Typcasting beim Film.“ Und schon kommt eine umfassende Erklärung, es ginge darum, dass bestimmte Schauspieler:innen eben immer für bestimmte Typen engagiert würden, was diverse Vor- aber auch Nachteile habe… Schlimm wird’s immer dann, wenn man schon deshalb weiß, wer Mörder:in ist, weil der/die Darsteller:in eben immer „Täter:in“ ist.
Der erste Aufschlag entsprach dem Stereotyp des Verlegers
Ähnlich, vielleicht aber eher spiegelverkehrt, geschah es neulich, als mir ChatGPT für einen Beitrag das Bild gestalten sollte: „Porträt eines sechzigjährigen Verlegers. Er hat kurze dunkelblonde aber leicht ergraute Haare, übergewichtig, trägt eine ovale Brille. Er trägt ein hellblaues Leinenhemd, sieht freundlich aber nachdenklich aus. Im Hintergrund ein Bücherregal.“
Zugegeben, der erste Aufschlag entsprach dem Stereotyp des Verlegers. Typcasting eben. Ich könnte ihn so gerade im Literaturhaus getroffen haben. Mehrfach sogar. Aber ich hatte mir – aus Gründen – in den Kopf gesetzt, das Bild müsse wenigstens Ansätze von Ähnlichkeit mit meinem eigenen Konterfeit aufweisen: Also bitte „sehr kurze Haare. Ohne Bart“.
Völlig überfordert
Das Ergebnis: Völlige Überforderung. Runder geht, Bart ist ab, Haarlänge immer noch mit gewelltem Scheitel.„Sehr kurze Haare. Etwa ein bis zwei Zentimeter“ „Hier ist das Porträt mit den gewünschten Haarlängenanpassungen.“ Hmm … wieder schmaler, der Kopf immer noch mit fülliger Haartracht und wieder ein Bart. Ein weiterer Anlauf: „Stoppelhaare!.“. Jetzt ist der Scheitel auf der anderen Seite und der Bart noch länger. „Die Kopfhaare kurz, kein Bart!“ Schmales Gesicht, etwas kürzerer Bart, gescheitelte Haare. Ich lade ein Bild von mir hoch „Bitte nutze das als Beispiel.“ Das Ergebnis ist sehr schmeichelhaft und passt bisher am Besten. Letzter Anlauf „Der schaut nicht aus wie 60“ Ergebnis: Zwei Schritte zurück, aber älter. Ich geb’s auf.
Rückschlüsse?
Irgendwie sollen ja Textgenerierung und Bildgenerierung mit KI gewisse Ähnlichkeiten aufweisen und gemeinsame Wurzeln haben. So könnte man womöglich auch Rückschlüsse im Verhalten von Bild- auf Texterstellung ziehen. Das ergäbe Sinn, ist doch die Bilderzeugung zwar nicht weniger komplex, aber die Erkennung von Schwachstellen ist beim Bild deutlich leichter. Ein Finger zu viel oder zu wenig, Bart oder nicht Bart usw.
Im Beispiel war die KI beim besten Willen nicht dazu zu bewegen, das zu machen, was ich mir gewünscht hätte. Sie hat sich immer wieder auf Stereotype zurückgezogen. Beilagenänderungen waren nicht möglich – übrigens auch nicht, wenn man statt des Bildes eines Verlegers das eines Programmierers anforderte. Die Typisierung war’s also eher nicht. Es war eine schon erschreckende Beharrlichkeit gepaart mit Ignoranz. Die KI hat einfach keinen Plan.
Die Frage ist…
würden wir das bei einem Text überhaupt merken und was bringt’s wenn das Ergebnis so vom gewünschten abweicht?