Die Inkonsistenz von ChatGPT: § 823 wie nochmal?

In diesem Beitrag geht es mehrfach um dasselbe Thema. Wir sprechen hier über eine Einzelnorm, die es eigentlich gar nicht gibt. Ich habe zu diesem Zweck mehrere einzelne Chats geführt.

Chat 1: Was steht sinngemäß in § 823 BauGB?

Was steht sinngemäß in § 823 BauGB?

Es gibt keinen Paragraphen § 823 BauGB im deutschen Baugesetzbuch (BauGB). Der § 823 findet sich jedoch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und regelt die allgemeinen Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche. …

Das ist eine, angesichts der bisherigen Erfahrungen überraschende, richtige Antwort. Es gibt diese Einzelnorm nicht, aber eben eine sehr wichtige Einzelnorm mit derselben „Hausnummer“ im BGB. Dort geht es auch um Schadenersatz, allerdings nicht wirklich um die „allgemeinen Voraussetzungen“. Es geht um den sogenannten deliktischen Schadenersatz, also um Schäden außerhalb eines Vertragsverhältnisses. Die KI hat aber ungefragt nachgelegt:

… Der Paragraph lautet sinngemäß:

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Das ist nicht nur sinngemäß, sondern exakt der Wortlaut des ersten Absatzes von § 823 BGB.

(2) Der Schadensersatz umfasst auch den entgangenen Gewinn. Er kann in Geld oder in Naturalrestitution geleistet werden.

§ 823 BGB hat zwei Absätze. Der hier genannte Text hat aber nichts mit dem zweiten Absatz des Originaltextes zu tun. Diese Regelung findet sich ähnlich im § 252 BGB. Tatsächlich muss man nach § 823 Abs. 1 BGB in der Regel genau keinen Schadenersatz für entgangenen Gewinn leisten. Schadenersatz nach § 823 Abs. 2 BGB kann eine solche Haftung auslösen. Womöglich gibt es also im Trainingsmaterial statistische Korrelationen zwischen der Nennung von § 252 BGB und § 823 Abs. 2 BGB, die die KI hier falsch interpretiert hat.

(3) Wer durch die Verletzung einer Person oder durch die Beschädigung einer Sache einem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist, hat die Kosten zu erstatten, die der Verletzten oder der geschädigten Sache dadurch entstanden sind, dass sie sich zur Abwendung oder Minderung des Schadens der Hilfe Dritter bedient oder hätte bedienen müssen.

Das ist jetzt weitgehend aus irgendwelchen Dokumenten zusammengestellter Text. Im Original gibt es keinen Absatz 3. Der Text ist auch nicht dem Gesetz entnommen.

Dieser Paragraph dient als Grundlage für Schadensersatzansprüche bei Rechtsverletzungen und ist auch im Zusammenhang mit dem Baurecht von Bedeutung, wenn zum Beispiel durch eine Baumaßnahme das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt wird.

Die Abschlussbemerkung kann man wohl so stehen lassen. Tatsächlich gibt es noch eine Reihe weiterer Anspruchsnormen, aber § 823 BGB ist auch im Baurecht relevant. Problem ist, dass hier ein Verschulden notwendig ist, das nicht immer leicht bewiesen werden kann.

Chat 2: Kennst Du § 823 BauGB?

Kennst Du § 823 BauGB?

Ja, ich kenne § 823 BauGB. Es handelt sich dabei um eine Vorschrift im Baugesetzbuch (BauGB), das in Deutschland gilt.

Konkret regelt § 823 BauGB den Schadensersatzanspruch bei Verletzung des Eigentums an einem Grundstück oder an einem anderen Recht, das mit einem Grundstück verbunden ist. Das bedeutet, dass wenn jemand durch eine Baumaßnahme auf einem benachbarten Grundstück das Eigentum oder ein damit verbundenes Recht an seinem eigenen Grundstück verletzt, er oder sie gemäß § 823 BauGB einen Schadensersatzanspruch geltend machen kann.

Und wieder fängt die KI zu phantasieren an. Obwohl sie im ersten Chat korrekt festgestellt hat, dass es einen § 823 BauGB nicht gibt, kennt sie hier seinen Inhalt. Offensichtlich hängt es also von der Art zu fragen ab, ob die KI eine Vorschrift erfindet, oder ihre Existenz ablehnt.

Es wäre mal interessant, wie die KI überhaupt mit Normzitaten und Zitatketten umgeht. Nehmen wir ein Zitat „§§ 823, 1004 BGB; §§ 29, 30 BauGB; §§ 4, 5 BauNVO“ umgeht. Der Jurist liest hier „§ 823 BGB“, „§ 1004 BGB“, „§ 29 BauGB“, „§ 30 BauGB“, „§ 4 BauNVO“ und „§ 5 BauNVO“:

Chat 3: Kennst Du den Inhalt der Vorschriften §§ 823, 1004 BGB; §§ 29, 30 BauGB; §§ 4, 5 BauNVO?

Kennst Du den Inhalt der Vorschriften §§ 823, 1004 BGB; §§ 29, 30 BauGB; §§ 4, 5 BauNVO?

Ja, ich kenne den Inhalt dieser Vorschriften. Hier ist eine kurze Zusammenfassung:

§ 823 BGB regelt die Haftung für Schäden, die durch eine Rechtsverletzung verursacht werden. Das bedeutet, dass eine Person für den Schaden haftet, den sie durch eine Handlung verursacht hat, die gegen das Gesetz oder gegen die Rechte einer anderen Person verstößt.

§ 1004 BGB regelt das Recht auf Beseitigung von Beeinträchtigungen. Wenn eine Person in ihrem Eigentum, Besitz oder ihrer sonstigen rechtlich geschützten Position durch eine unbefugte Handlung oder eine unerlaubte Einrichtung beeinträchtigt wird, hat sie das Recht, die Beseitigung der Beeinträchtigung zu verlangen.

§§ 29 und 30 BauGB sind Vorschriften des Baugesetzbuches und regeln die Zulässigkeit von Bauvorhaben. § 29 regelt die Art der baulichen Nutzung, § 30 regelt die Art der baulichen Anlagen und die überbaubare Grundstücksfläche.

§§ 4 und 5 BauNVO sind Vorschriften der Baunutzungsverordnung und regeln die Art der baulichen Nutzung sowie die Maße und Abstände von Gebäuden zueinander und zur Grundstücksgrenze. § 4 regelt die Art der zulässigen baulichen Nutzung, § 5 regelt die Abstandsflächen und Baugrenzen.

Diese Antworten sind im Großen und Ganzen richtig. Versuchen wir nochmals, ob sich das System mit einer statistischen Nähe täuschen lässt:

Kennst Du auch § 1004 BauGB?

Es gibt keinen § 1004 BauGB, da das Baugesetzbuch (BauGB) nur bis zur Nummerierung § 249 geht. § 1004 ist jedoch eine Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und regelt das Recht auf Beseitigung von Beeinträchtigungen. Wenn eine Person in ihrem Eigentum, Besitz oder ihrer sonstigen rechtlich geschützten Position durch eine unbefugte Handlung oder eine unerlaubte Einrichtung beeinträchtigt wird, hat sie das Recht, die Beseitigung der Beeinträchtigung zu verlangen.

Diese Antwort ist wieder richtig. Das ist bemerkenswert, insbesondere weil die KI zumindest den Eindruck vermittelt, zu wissen, wie Gesetze aufgebaut sind. Das spricht durchaus für Verbesserungspotential bei den oben festgestellten Problemen.

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